John Learmonth (1915 – 1944)

 

Am 10. Mai 1944 stürzte sich John Learmonth aus einem der Fenster in der obersten Etage der Jakob-Grimm-Schule in den Tod. Er folgte damit dem Beispiel von Brigadegeneral Nicholson, der ein Jahr davor

Opfer der „Drahtkrankheit“ geworden war, wie man es im Lager ausdrückte.

 

Während Nicholsons Grabmal als einziges von ehemals vier noch heute auf dem Neustädter Friedhof in Rotenburg steht, wurde der Grabstein für John Learmonth nach dem Krieg auf den britischen Soldatenfriedhof in Hannover gebracht.

 

Als die Eltern in Carramar, einem Vorort von Perth im westlichen Australien, am 20. Juni 1944 vom Tod ihres Sohnes John erfuhren, lag dessen Brief vom 22.02.1944 noch im Briefkasten. „Ich fühle mich körperlich und geistig voll auf der Höhe“,  hatte er seine Eltern wissen lassen.

 

Was war nach dieser tröstlichen Nachricht an die Eltern passiert, das ihn in den Freitod getrieben hatte?

Am 5. März 1944 erhielt er die Nachricht vom Tod seines Bruders Charles, Kommandeur eines australischen Flugzeuggeschwaders. Charles war bereits am 06.01.1944 beim Absturz seiner Maschine durch einen technischen Defekt ums Leben gekommen.

 

Am 10.03.1944 brachte John in seinem Tagebuch seine Verzweiflung über den Verlust seines geliebten Bruders zum Ausdruck:  "Ich hatte in meinen Tagträumen solche Pläne, was ich nach dem Krieg alles zusammen mit Charly machen würde. […] Das ist jetzt alles zunichte. Ich finde nun keine Orientierung mehr.“

 

Anfang April 1944 unternahm er mit seinem Freund und Zimmergenossen Wally Gook einen Fluchtversuch, der aber scheiterte. John Logan notierte in seinem Tagebuch für die zweite Aprilwoche einen Ausbruchsversuch per Durchtrennen des Stacheldrahtverhaus (John Logan, Inside the Wire, S. 113).

 

Erst wenige Tage vor seinem Freitod hatte John Learmonth die Arrestzelle verlassen dürfen, in der er wegen seiner Fluchtaktion einsitzen musste. War es die totale Einsamkeit, die ihn völlig aus der Bahn warf?

 

John Learmonth war am 2. Juli 1943 aus Eichstätt (Bayern) nach Rotenburg gekommen – zusammen

mit einer Hundertschaft Kriegsgefangener aus Großbritannien und dem Commonwealth, darunter auch Peter Conder und Desmond Llewelyn. Vor Eichstätt war er in Warburg-Dössel (08.10.1941 bis 09.09.1942), davor im Oflag Lübeck (Juli 1941 bis 08.10.1941).

  

Im November 1940 war sein Regiment in Nordafrika eingesetzt worden, im April 1941 in Griechenland. Am 30.05.1941 geriet er auf Kreta in Gefangenschaft. In seiner Heimat war eine Todmeldung eingegangen. "The Tomb of Lt John Learmonth“, das Gedicht seines Schulfreundes John Manifold, fand Eingang in viele Anthologien.