"Sydney Harbour Bridge" - „Hängebrücke“ als Fluchthilfe

 

In der letzten Dezemberwoche 1943 wurde auch in Rotenburg eine Fluchtmethode versucht, die schon an anderen Orten praktiziert und teilweise auch gelungen war. Diese Methode war nach dem technischen Prinzip einer Hängebrücke entwickelt worden, im Besonderen basierte sie auf der Konstruktionsweise der Sydney Harbour Bridge.

 

Für ihr Vorhaben hatten sich die Fluchtwilligen Teile des Stahlgerüsts aus einem ungenutzten Aufzugsschacht inder Jakob-Grimm-Schule besorgt und in ein oberes Stockwerk gezogen, um von dort mit ihrer „Hängebrücke“ über den Drahtverhau zu gelangen. Wahrscheinlich sollte das an der Stelle auf der Nordostseite der JGS geschehen, an der der Drahtverhau ganz dicht an das Gebäude heranführte, dem frontseitigen Winkel zwischen Lehrerwohnhaus und Schulgebäude.

 

Nach Leutnant John McIndoes Darstellung sollte das Brückenbauwerk durch ein Loch, das man in die Außenwand des Gebäudes gebrochen hatte, über den Drahtverhau geschoben werden. Um dieses Loch zu verbergen, so McIndoe, habe er auf ein Tuch eine riesige Mauer gemalt. Dies sei ihm so gut gelungen, dass die Wachen bei ihren Kontrollgängen zunächst keine Veränderung wahrgenommen hätten.

 

Das Gerüst sollte über den Drahtverhau als freitragende Brücke geschoben werden, an der sich die Fliehenden entlang hangeln und hinter dem Drahtverhau herunterspringen würden. Aber noch bevor der Ausbruchsversuch starten konnte,wurde er entdeckt.

 

Ein andererAutor, Hauptmann John Logan, nennt  in seinem Tagebuch die Zahl von 40 an der Aktion Beteiligter, „was bei den Deutschen riesige Aufregung erzeugte, weil sie die Wiederholung einer ähnlichen und in Warburg-Dössel gelungenen Aktion vermuteten.“

 

Mitte Mai 1944, so berichtet John Logan weiter, versuchten einige Gefangene vergeblich, sich mit Stricken abzuseilen, vermutlich an der gleichen Stelle, die für die Sydney Harbour Bridge ausgewählt worden war. 

 

In der zweiten Aprilwoche 1944 notierte Logan in seiner Lagerchronik den vergeblichen Versuch eines Luftwaffenoffiziers, mit einer Zange den Stacheldraht zu durchschneiden, um so aus dem Lager herauszukommen.

Einen Fluchtversuch dieser Art hatte der belgische Leutnant Alfred Devyver schon im Juni 1942 vergeblich unternommen; er war schon außerhalb des Drahtverhaus, als ein Wachhund auf ihn aufmerksam wurde.