Juli 1944 – Flucht aus der Toilette der 2. Etage

Im Juni 1944 waren die Wachhabenden dahinter gekommen, dass an einem neuen Fluchttunnel gearbeitet wurde. Als erste Maßnahme wurden die Fußböden im Erdgeschoss mit Beton abgedichtet. Man scheute keine Mühen und Kosten, bis alle Böden, die für das Buddeln eines Tunnels in Frage kamen, zubetoniert waren.

Hauptmann Logan berichtet in seinem Tagebuch von geradezu hysterischen Formen, welche die Suche nach dem möglichen Startplatz für einen Tunnelbau annahmen, als Wandvertäfelungen und Einbauschränke auf Verdacht aufgerissen und Fensterbänke rausgerissen wurden.

 

 Dabei hätte man den Tunnelbauern ganz leicht auf die Schliche kommen können. Denn unübersehbar war ein großer feuchter Fleck an der hofseitigen Außenwand zwischen der 1. und 2. Etage, der durch die

Beschädigung eines Wasserrohres beim Tunnelbau entstanden war.

 

„Aber wer hätte so hoch über der Erde einen Tunnel vermutet?“,  fragt der damalige Lagergeistliche George Forster in seinem Buch „Priest Behind Barbed Wire“,  auf das sich unsere Darstellung weitgehend stützt.

 

Der Tunnel begann in der 2. Etage in einem WC, vor dessen aufgebrochener Wand eine Holztafel gesetzt wurde. Dann wurde ein Schacht nach unten durch das dicke Mauerwerk angelegt. Forster: „Dabei halfen wir alle, insofern Bretter von unseren Betten das Holz lieferten. Ursprünglich hatten wir neun oder zehn Bretter für unsere Betten: schließlich hatten wir noch sechs, manche nur noch fünf.“ 

 

Büchsen für Klim-Trockenmilch von Rot-Kreuz-Paketen eigneten sich hervorragend für einen Ventilationsschacht. Die Steinklumpen und den Schutt trugen die Helfer unter den Uniformblusen und in den Hosentaschen versteckt weg.

 

Der Tunnel hatte schon die Lazarettbaracke hinter sich gelassen und war kurz vor dem Drahtzaun, als das Vorhaben in der dritten Juliwoche 1944 aufgrund einer „Sicherheitslücke“ aufflog: das für eine Weile nicht „besetzt“ gehaltene WC erlaubte einer Wache den Zugang. Diese Wache entdeckte das Einstiegsloch für den im 2. Stock beginnenden Fluchttunnel.

 

Laut Hauptmann Logans Tagebuch war das Wachpersonal um 80 „Pioniere“ zur Verstärkung der Tunnelsuchaktion aufgestockt worden: „Die schlugen alles kurz und klein.“

 

Forster:  „Um die Schäden beim Tunnelbau zu begleichen, präsentierten sie uns eine Rechnung in Höhe von 10.000 Mark. Auf uns alle umgelegt, bedeutete das zwei bis drei Pfund für jeden von uns.“